Der Übungsflug war alles andere als ein Kinderspiel. Der Sek’athor verlangte Ihnen alles ab, drillte seine Crew bis auf‘s Äußerste. Er nahm sich die Zeit, jeden noch so kleinen Fehler zu korrigieren, angefangen bei der korrekten Meldung bis hin zum groben Schnitzer, und ließ immer die Uhr mitlaufen. Nach der fünften Tonta brach der Sek’athor zufrieden den Übungsflug ab, die HARK’VEAST kehrte in den Stützpunkthangar 42 zurück.

Kerasor hatte kaum Zeit, sich die Umgebung des Raumsektors anzusehen, in der das Schiff operierte. Er hatte jedoch alles aufgezeichnet und führte sich die Aufzeichnungen später zu Gemüte. Da er kein Gepäck mit sich führte, fand er es nicht mehr für nötig, nochmals zurück in seine Unterkunft in der Station zu gehen.

Stattdessen inspizierte er seine Kabine 36. Sie war nicht ganz so groß wie die Kabine im Stützpunkt. Sie maß vier mal drei Quars und war gut 2,4 Quars hoch, wirkte aber ansprechender. Das ausklappbare Bett war bequem, die angrenzende Nasszelle ausreichend. Über sein Terminal konnte er sich die aufgezeichneten Daten der Funkstation in Ruhe ansehen und auswerten.

Eine Tonta nach dem Übungsende schloss er seinen Bericht ab und veschickte ihn an die Adresse des Sek’athor. Jetzt hatte er frei und beschloss, sich zuerst mal das 200-Quars-Raumschiff genauer anzusehen.

Auris entspannte sich unterdessen in ihrer Nasszelle und genoss die massierenden Wasserstrahlen. Anschließend legte sie sich auf ihr Klappbett, rekapitulierte ihren Einsatz als Pilotin und memorierte Kritiken und Belobigungen des Sek’athor. So döste sie vor sich hin bis sie einschlief.

Tranthar, diesen Übungsstress schon gewohnt, hielt sich in der Messe auf. Er las in einem Buch von Sokorasch, einem arkonidischen Dichter, der über die arkonidische Lebensweisheiten vor gut 5000 Jahren geschrieben hatte. In sechs Tontas begann seine nächste Schicht und irgendwo darin verbarg sich der zehnte Übungsflug.

3. Hara 14.599 da Ark
19-92 Vot
Debara Hamtar
Flottenstützpunkt Kembareth
Hangar 42: Schwerer Kreuzer der DOR-KATI-Klasse HARK‘VEAST

Kerasor lag wach auf seiner Liege und starrte im Halbdunkeln gegen die Decke. Seit drei Pragos war die HARK‘VEAST sein Zuhause; seit drei Pragos fuhr jede Schicht ein Raummanöver, selten nur die HARK‘VEAST für sich allein, meistens mit anderen Schiffen im Angriffsverband. Der Übungsalarm und das Warten auf den richtigen Einsatzalarm machten müde und unkonzentriert.

Kein Einsatz vor dem 8. Hara, hieß es immer wieder. Übung auf Übung folgte, die Einsatzfähigkeit der Raumschiffe und deren Besatzungen musste auf einem hohen Stand bleiben.

Das hatte er sich ganz anders vorgestellt. So stressig langweilig war es auf der Raumakademie nie zugegangen. Sicher, sie hatten viele Raumübungen zu absolvieren, die ohne Vorwarnung über die Thos’athor hereinbrachen, aber die Zeit dazwischen konnte ausgefüllt werden, durch Lernen, Freizeitbeschäftigungen wie zum Beispiel Besuche in Varynkor-Etset, Gespräche und Diskussionsforen in der Akademie und der vielen mehr.

Doch hier an Bord gab es nur Stress mit den Raumübungen, dazwischen Trockenübungen in der Zentrale sowie Punktebewertung und nach jedem schlechten Abschneiden wurde bis zum Grund des Versagens gebohrt.

Die wenige Freizeit, die sie hatten, verbrachten sie an Bord des Raumschiffes. Sicher, so ein Schwerer Kreuzer der DOR-KATI-Klasse hatte schon seine Reize und Möglichkeiten. Dennoch blieb man viel allein. Man traf sich in der Messe, kam nur kurz mit anderen Offizieren ins Gespräch. Man merkte, dass man noch nicht richtig zur Besatzung gehörte. Es gab noch keine Ereignisse, dass die Neuen mit den alten Mannschaftsmitgliedern zusammengeschweißt hätte.

Zwischendurch lieferte er sich dreimal am Prago einen Wettkampf mit Auris: Im Dagor war sie noch einen Deut besser als er, kam aber immer näher an ihre Qualifikation heran. Nicht umsonst hatte sie es am 36. Ansoor 14.998 da Ark geschafft, zum Akademie-Laktroten im Dagor ernannt zu werden.

Kerasor wurmte es immer noch, dass er sich damals kurz vor der Endrunde durch eine Unachtsamkeit den Unterarm brechen ließ, und damit ausgeschieden war. Dieses Jahr musste er nun wieder von ganz unten anfangen und an den Ausscheidungskämpfen teilnehmen. In den letzten Tai-Votanii hatte er hingegen nur die Qualifikationskämpfe bestreiten müssen.

Selbst Tranthar, der so gar nichts mit Dagor am Hut hatte, und kaum über die ersten drei Stufen hinaus kam, übte mit ihm – hauptsächlich Verteidigungsstellungen und -griffe, die Übungen mit dem Katsugo und ähnlichen Übungswaffen – er wollte einfach in Form bleiben.

An Bord selbst gab es keine Dagor-Interessierten, keine Garrabospieler, kaum etwas, das sie interessierte. Die Offiziere und Mannschaften nutzen jede freie Minute „zum Entspannen“, wie sie es nannten. Keine übermäßig körperliche Anstrengungen, viel Faulenzen und Ausruhen. Das Bordrestaurant war zu jeder Schicht gut besucht. Der Hit des Holokinos neben der Messe war eine Holo-Soup über zehn Arkii an Bord eines  500-Quars-Schlachtkreuzers, ihre Liebeleien, ihre Fauxpaxes und was sie und deren Khasurns sonst noch so alles anstellten. Unterste Ebene der Unterhaltung, welche die drei von der Akademie kalt ließ.

Selbst der Sek’athor ließ sich kaum sehen. Jeden Prago verließ er das Schiff zu einer „Einsatzbesprechung“ beim Admiral, wie er es salopp formulierte. Als er zurückkam, berichtete er in wenigen Paltortontas worum es ging. Nur informelle Sitzungen, keine Manöverbesprechungen, keine Informationen. Das einzige, was sie wussten, war ihre Position in der Schlachtformation. Ihr Schwerer Kreuzer erhielt die Positionsnummer SEC-7-12-144 und war das Führungsschiff des Zwölften Angriffsverbandes Angriffsraumer im SECINDA-Flügel 7.

Erneut schrillte der plötzliche Alarm durch das Raumschiff, schreckte Kerasor und die Besatzungsmitglieder auf, gleich ob sie schliefen oder wach waren.

„Achtung! Dies ist keine Übung! Achtung, dies ist keine Übung!“ hallte die Stimme der Haupt-KSOL durch die Gänge.

Kerasor war Übungsalarm inzwischen gewohnt, so setzte er sich auf, zog die bereitgelegte Uniform an, schnelle Wäsche der Hände, Gesicht und Augen, ein leichtes Parfüm aufgelegt. Knapp drei Paltortontas später verließ er seine Kabine und sprintete in Richtung Besprechungsraum. Bei jeglichem Alarm hatten sich alle dienstfreien Offiziere dort einzufinden – Einsatzbesprechung hieß es.

Im Gang davor stießen Tranthar und Auris zu ihm.

„Guten Morgen! Ausgeschlafen?“ Tranthar sah man die Müdigkeit noch an. Er war kein Sofortaufsteher, wie Kerasor es von sich behauptete. Tranthar brauchte nach dem Aufstehen seinen Ka’mana und Zeit zum Frühstücken. Auris sah auch nicht besser aus. Auch sie war keine ausgesprochene Schnellerwachende, sondern benötigte ihre 30 Paltortontas und viel Ka’mana, um so richtig auf Touren zu kommen.