Einige Zeit unterhielten sie sich über diverse belanglose Dinge, bis Merida meinte: „Charrut, ich sehe dort hinten meinen Bruder. Ihr kennt Euch noch nicht. Bitte begleitet mich, ich würde ihn Euch gerne vorstellen“.

„Gerne“ erwiderte Charrut und gemeinsam begaben sie sich zu einer Gruppe von Männern, die in einer Gruppe zusammenstanden.

Merida wandte sich an einen hochgewachsenen Mann: „Arano, schau, wer heute als Überraschungsgast erschienen ist: Charrut del Harkon

Ihr Bruder drehte sich zu Charrut um und beide begrüßten sich.

„So, Ihr seid also dieser Charrut del Harkon, der jetzt in der Flotte als Offizier dient?“ fragte Arano laut genug, dass die Gespräche in der Nähe verebbten und alle zuhören konnten.

„Das ist richtig, Zdhopanda

„Und wie gefällt es Euch?“

„So, wie ich mir es vorgestellt habe. Dem Imperium zu dienen ist eine wichtige und ehrenvolle Aufgabe.“

„Nun, dann könnt Ihr ja dem Imperator dankbar sein, dass er jetzt auch geächtete und verbannte Stände als Offiziere ausbilden lässt, finden Sie nicht?“. Charrut entging nicht der Sarkasmus in seiner Wortwahl, die Abneigung gegen ihn und seiner Herkunft.

„Die Entscheidung des Imperators war logisch und folgerichtig. Wenn die Töchter und Söhne der höheren Adelsschichten es nicht mehr als Ehre ansehen, auf die Militärakademien gehen und für das Imperium ihren Beitrag zu leisten, müssen die Offiziere woanders rekrutiert werden“ konterte Charrut, dem es gegen den Strich ging, als Sündenbock herhalten zu müssen.

„So, finden Sie? Ich denke, das ist ein Fehler, den der Imperator beging. Der Anfang vom Ende für den Adel.“

‚Du glücklicher. Solch eine Familie hat dir schon immer gefehlt‘ meldete sich sein Extrasinn mit einem sarkastischen Unterton.

Merida stand die ganze Zeit daneben und ihr wurde, je länger das Gespräch zwischen Arano und Charrut andauerte, immer mulmiger. So hatte sie sich die Begegnung zwischen ihrem Bruder und Charrut nicht vorgestellt.

„Meine Herren, wir sind hier, um Charrut zu begrüßen, nicht, um Streitgespräche zu führen“ versuchte sie einzugreifen.

„Du hast Recht, Schwester“ erwiderte Arano, verneigte sich zu Charrut und verließ die Gruppe.

Merida wandte sich an Charrut und sagte leise: „Vergibt bitte meinem Bruder, er kann manchmal nicht anders“.

 „Schon fast vergessen, Merida“ erwiderte Charrut, dem es aber tatsächlich mächtig ärgerte, vor versammelter Besucherschar abgekanzelt zu werden. Sie unterhielten sich einige Palbertontas über diverse Dinge, bevor Charrut sagte: „Merida, es tut mir leid, aber nach fast 17 Tontas auf den Beinen, den Transmittersprüngen und der Aktivierung des Logiksektors würde ich mich gerne zurückziehen“.

„Selbstverständlich, Charrut. Ihr seht auch müde aus. Kommt, ich bringe Euch zu Eurem Wohnbereich“ und gemeinsam begaben sie sich in Richtung Antigravschacht, um zu den Wohnbereichen zu gelangen. Vor Charruts Wohnbereich verabschiedeten sich und wünschten sich eine gute Nacht.

Als Merida wieder zu ihren Gästen zurückkam, sah sie weder ihre Mutter noch ihren Bruder. Sie würde ihn wohl morgen erst wiedersehen und dann mit ihm ein ernstes Wort reden müssen.

* * *

Als Merida am nächsten Morgen in den Essensraum kam, waren ihre Mutter, Isandra und Arano bereits anwesend und redeten miteinander. Merida ging zu ihnen. Als sie bei ihnen war, begrüßte ihre Mutter sie, aber Merida beachtete sie gar nicht, sondern sprach ihren Bruder an: „Kannst du mir sagen, was das gestern Abend sollte? Du hast Charrut beleidigt, indem du ihn vor versammelten Gästen versuchst hast, bloßzustellen“

Arano warf einen schnellen, verstohlenen Blick zu seiner Mutter, bevor er antwortete: „Ich habe mich nur mit ihm unterhalten. Ich weiß gar nicht, was du willst.“

„Ach ja? Nennt man jetzt so etwas Unterhaltung?“

„Warum denn nicht? Wir haben uns nur über die Flotte, die Offiziersausbildung und die Konsequenzen der Entscheidungen des Imperators unterhalten. Was hast du dagegen einzuwenden?“

Merida war einfach sprachlos vor so viel Dreistigkeit ihres Bruders. Während sie noch nach Worten suchte, um ihm zu antworten, öffnete sich die Tür zum Essensraum und Charrut trat ein. Während er zur Gruppe der engsten Familienangehörigen der ‚de Ariga‘ ging, spürte er eine gewisse Spannung, die in der Luft lag.

„Guten Morgen“ begrüßte Charrut die Anwesenden, die auch ihn begrüßten.

„Habt Ihr gut geschlafen, Charrut?“ fragte Merida.

„Ja, danke, sehr gut sogar.“

Meridas Mutter, Adara, nahm am Tisch Platz und klatschte in ihre Hände und gab somit das Zeichen, das sich jeder setzte und die Diener diverse Köstlichkeiten zum Frühstück brachten. Das Frühstück wurde in Schweigsamkeit zu sich genommen, aber nach einiger Zeit fragte Charrut trotzdem.

„Verzeiht, Adara, aber ich nahm an, ich würde einmal euren Mann, Onuk, kennenlernen. Er und mein Vater sind alte Freunde“ und sah Adara dabei fragend an.

Er konnte regelrecht sehen, wie sich ein Schatten über das Gesicht von Adara legte, bevor sie antwortete: „Seitdem Aufbruch von Onuk zu seinem Inspektionsflugs kurz vor unserem Besuch auf Harkon haben wir nichts mehr von ihm gehört. Auch eine Suchmission verlief erfolglos.“

Charrut war bestürzt und fassungslos. Er hatte davon nichts gewusst und weder Adara noch Merida hatten bei ihren Besuch auf Harkon eine Andeutung gemacht, sofern sie es damals schon wussten. Und ihr Besuch war bereits mehr als drei Vothanii her. Verlegen und etwas beschämt sah er alle am Tisch an und erwiderte zu Adara: „Das tut mir sehr leid, Adara. Das wusste ich nicht. Wenn ich irgendwie helfen kann, dann sagt es bitte“.

Adara neigte leicht ihr Kopf und erwiderte: „Wenn wir Eure Hilfe benötigen, dann lasse ich es euch wissen. Vielen Dank“.

Arano wollte zu einer Bemerkung ansetzen, erhielt aber unbemerkt von den anderen am Tisch von Isandra, seiner Frau, einen leichten Fußtritt und verkniff sich deshalb eine spitzen Bemerkung.

Als das Frühstück von Adara aufgehoben wurde, zerstreuten sich die Familienmitglieder recht schnell; jeder ging seiner Aufgabe oder anderen Beschäftigungen nach. Zurück blieben nur Merida und Charrut.

Merida sah Charrut an und fragte: „Wie ist es euch seit unserem gemeinsamen Abenteuer im Ansoor ergangen? Seid ihr jetzt mit eurer Ausbildung fertig“

Charrut nickte leicht und erwiderte: „Ja, unsere Ausbildung an der Raumakademie von Varynkor ist beendet. Als wir uns damals trennten und Kerasor und ich wieder nach Varynkor aufbrachen, flogen wir einige Pragos später nach Alassa, um unsere ARK SUMMIA-Prüfungen abzulegen. Ihr könnt es mir glauben, es war eine anstrengende Zeit. Aber die Anstrengungen und Mühen haben sich gelohnt. Am Ende haben wir die Prüfungen bestanden. Und die Wissenschaftler im dortigen Faehrl-Institut haben sogar zugestanden, das neben einigen anderen auch Kerasor und ich berechtigt waren, unseren Logiksektor aktivieren zu lassen“.

Merida sah Charrut lächelnd an und erwiderte: „Ihr erwähntet es gestern Nacht kurz. Aber ihr scheint nicht glücklich darüber zu sein, ihr seht so… betrübt aus“.

„Nein, ich bin glücklich und froh darüber. Aber die Aktivierung des Logiksektors hat bei Kerasor nicht funktioniert. Und Kerasor ist seit dem Fehlschlag sehr in sich gekehrt“.

Merida sah ihn sorgenvoll an, nickte und antwortete: „Ja, das verstehe ich sehr gut. Er ist euer Freund. Und Freunde leiden zu sehen ist für niemand angenehm“.

Als Charrut das hörte, war er sehr überrascht. Seine bisherigen Erfahrungen mit Meridas sozialem Verhalten waren anders gewesen. Was war seit ihren gemeinsamen Abenteuer in Debara Hamtar mit ihr geschehen?

„Wollten wir uns nicht mit unseren Vornamen ansprechen? Außerdem haben wir beide den Ehevertrag unterschrieben und sind somit ‚im Stand verlobt‘, wie es so schön heißt“. Er hob seine Hand mit dem Verlobungsring, damit Merida ihn sehen konnte.

Ein lächeln huschte kurz über Meridas Gesicht, als sie den Verlobungsring sah.

„Ja, das ist wahr“ erwiderte sie und blickte auf ihre Hand mit dem Ring.

„Aber bei den vielen Aufgaben und Problemen und den Vothanii, die bereits vergangen sind, verliert man so etwas aus den Augen. Tut mir leid, Charrut“.

„Schon gut, Merida. Ich kann es verstehen. Mir geht es fast genauso“.