Zeit zwischen ARK SUMMIA und 1. Kommandoeinsatz

2. Prago Katanii ta Capit 14.598 da Ark

Charrut wartete vor der letzten Transmitterstation darauf, dass er hindurchgehen durfte. Dieser letzte Sprung würde ihn nicht nur nach Ariga bringen, sondern direkt in die Transmitterstation der ‚de Ariga‘. Sein Plan, zuerst nachhause zu fliegen und dann erst nach Ariga zu springen, hatte er kurzfristig abgeändert. Er fühlte sich Kerasor verpflichtet. Zwar waren Kerasor und er nur über eine schon sehr lange zurückliegende Hochzeit verwandt, aber ihre tai-vothanii lange Freundschaft verpflichtete ihn sowohl moralisch als auch ethisch, gerade jetzt Kerasor beizustehen: die Erweckung des Logiksektors Kerasor war nicht gelungen. Abgesehen von der physischen Beanspruchung war es für Kerasor eine besondere emotionale Belastung. Kerasor war die letzten beiden Pragos in sich gekehrt. Er hatte mit ihm gestern vereinbart, dass dieser mit einem Linienraumschiff nach Harkon fliegen soll, er selbst per Transmittersprung nachkommen würde. Durch den Flug von Kerasor würden sie beide fast zeitgleich Harkon erreichen. Aber das war gestern, jetzt stand er vor dem Transmitterbogen und wartete. Der vorherige Sprung hatte ihn annähernd 65 LJ quer durch das Tai Ark’Tussan geführt, der letzte würde nochmals 15 LJ direkt nach Ariga führen. Er blickte zu seinen Füßen: zwei militärische Gepäcktaschen waren alles, was er dabeihatte: einige Freizeitkleidungsstücke, die Athor-Uniform der imperialen Flotte, ein kleines, verspätetes Geburtstagsgeschenk für Merida sowie seine Galauniform des Harkon-Khasurns. Langsam wurde er ungeduldig. Er wartete jetzt bereits seit einer viertel Tonta auf die Freigabe. Zum wiederholten Male blickte er auf sein Vot. Obwohl er erst seit vier Tontas unterwegs war, fühlte er eine gewisse Müdigkeit in sich. Das Warten und die körperliche Beanspruchung der Erweckung des Logiksektors in seinem Gehirn vor seinem Aufbruch forderten langsam ihren Tribut. Er hoffte nur, dass er bald springen konnte, er würde spät auf Ariga ankommen. Er hatte seinen Besuch mit Adara, Meridas Mutter, kurzfristig abgeklärt. Wie zur Bestätigung seines inneren Wunsches kam das Klar-Signal zum Sprung und eine Lautsprechdurchsage sowie eine Displayanzeige vor der Transmitterstation zeigten ihm an, dass er springen konnte. Er nahm seine Gepäcktaschen auf und schritt auf das absolut schwarze Zentrum des Transmitters zu und…

…tauchte unvermittelt in der anderen Transmitterstation auf. Ein leichtes Ziehen im Nacken ließ ihn kurz die Augen schließen. Als er sie wieder öffnete, sah er mehrere Quars von sich entfernt Adara de Ariga sowie einige Diener stehen. Das Merida nicht anwesend war, enttäuschte ihn etwas. Vielleicht hatte er einfach zu viel vorausgesetzt. Er schritt in ihre Richtung und die Diener kamen auf ihn zu und nahmen ihm sein Gepäck ab.

„Willkommen auf Ariga und im Khasurn de Ariga, Charrut del Harkon“ begrüßte ihn Adara.

„Vielen Dank, erhabene Adara“ bedankte sich Charrut und verneigte sich. „Verzeiht mein unplanmäßiges Erscheinen.

„Ihr müsst Euch deswegen nicht entschuldigen, Charrut. Merida wird sich sehr freuen, Euch begrüßen zu dürfen. Sie ist vollkommend unwissend, dass Ihr kommt“.

„Sie weiß nicht, dass ich komme?“ fragte Charrut überrascht.

Adara lächelte Ihn an und erwiderte: „Ich hielt es für eine gute Idee, sie mit Eurem Besuch zu überraschen.“ Einige Augenblicke später bemerkte sie: „Ihr seht müde aus, Charrut. Wollt Ihr Euch lieber doch zurückziehen und frischmachen?“

Charrut schüttelte den Kopf und sagte: „Später, vielleicht.“

„Nun gut, dann lasst uns zu aufbrechen. Merida hat einige Freundinnen zu Besuch und feiert mit diesen“ erwiderte Adara und der Tonfall, wie sie es sagte, lies Charrut aufhorchen. Er wusste von den ausschweifenden Festen und Empfängen, die Merida so liebte, aber er hatte angenommen, nach dem gemeinsamen Abenteuer zusammen mit Kerasor und ihm wäre sie etwas zurückhaltender geworden. Aber er wollte nicht vorschnell ein Urteil fällen.

„Einen Moment noch“ sagte Charrut, ging zu dem einen Diener, öffnete eine Gepäcktasche und entnahm ihr Meridas Geschenk. Anschließend drehte er sich zu Adara um und bemerkte: „Wir können.“

Gemeinsam begaben sie sich zu dem nächstgelegenen Antigravschacht auf den Weg in die oberen Stockwerke. Unterwegs unterhielten sie sich über allgemeine Khasurnangelegenheiten und seine Akademieausbildung, insbesondere die Prüfung der ARK SUMMIA.

Unterwegs begegneten immer wieder Personen, die Ihnen erstaunte, skeptische oder irritierte Blicke zuwarfen, da er in einer Militäruniform herumlief. Aber keiner wagte etwas zu sagen, da Adara de Ariga ihn begleitete. Als sie die Räumlichkeiten, wo Merida mit ihren Freundinnen feierte, erreichten, erregten sie leises Interesse der nur wenigen Anwesenden.

Adara führte Charrut zu einer Gruppe von jungen Frauen, die zusammenstanden und sich unterhielten. Charrut erkannte Merida, trotz des Umstandes, dass sie mit ihrem Rücken zu ihm stand, sofort wieder: diese Haarpracht und Frisur würde er unter vielen anderen sofort wiedererkennen, abgesehen von der Figur, die ihn wieder daran erinnerte, dass er schon lange mit keiner Frau mehr zusammen war.

‚Stell dich nicht so an, das Imperium ist voll hübscher Frauen‘ merkte sein Extrasinn an und meldete sich damit zum ersten Mal seit seiner Aktivierung.

Charrut wäre fast stehen geblieben vor Überraschung. So hatte er seinen Extrasinn nicht eingeschätzt. Die Wissenschaftler der ARK SUMMIA hatten ihnen allen erläutert, dass es verschiedene Varianten des aktivierten Logiksektors geben kann, aber das ausgerechnet seiner ihm widersprach machte es nicht leichter, damit umzugehen.

Als sie sich der Gruppe näherten, verstummten die Gespräche und Plaudereien. Er sah, wie sich eine Frau zu Merida neigte und ihr etwas erzählte, woraufhin sich Merida zu ihm umdrehte.

„Sieh, Merida, wer als Überraschungsgast erschienen ist“ sagte Adara lächelnd zu ihrer Tochter.

„Nachträglich zum Geburtstag meinen Glückwunsch, Merida“ sagte Charrut, verneigte sich leicht und überreichte Merida sein kleines Geburtstagsgeschenk.

„Charrut“ sagte Merida leise und man konnte es ihr ansehen, dass sie absolut überrumpelt war, ihn auf Ihrer Feier zu sehen. Nach einigen Augenblicken hatte sie sich wieder gefangen und erwiderte: „Eure Überraschung ist Euch gelungen, Charrut. Darf ich Euch vorstellen?“ Mit diesen Worten drehte sie sich halb herum und sagte: „Diresa de Atkalon, Nyayh’i de Darkintan, Fullnata de Rezlor, Ethari de Sayertas, Dareia de Zhayldom, Augh’emy de Throemyer, Lordeni de Zoltral und Isandra de Ariga, die Frau meines Bruders“ und zu ihren Freundinnen gewandt sagte sie: „Und, wie Ihr sicherlich schon vermutet habt, das ist Charrut del Harkon“.

An Charrut gewandt fragte sie: „Ihr tragt Eure Militäruniform. Ihr kommt also nicht von Harkon?“

„Nein. Ich bin direkt von der Raumakademie Varynkor, wo ich noch stationiert bin, per Transmitter nach Ariga gekommen.“

„Wie weit ist Varynkor von Ariga entfernt?“ fragte Ethari de Sayertas.

„Ungefähr 80 LJ“ erwiderte Charrut.

„Und wie lange ist man von dort hierher unterwegs?“ fragte eine andere Freundin von Merida, Diresa de Atkalon.

Charrut warf einen kurzen Blick auf seine Vot und erwiderte: „Vor vier Tontas bin ich von Varynkor aufgebrochen.“

Er sah einen Diener mit einem Tablett voller Gläser den Raum betreten und winkte ihn zu sich. Vom Tablett nahm sich ein Glas Alkohol und trank einen kräftigen Schluck.

Merida bemerkte: „Verzeiht, ich bin eine schlechte Gastgeberin. Ihr habt sicherlich Hunger und Durst, Charrut. Bitte begleitet mich.“

Charrut verabschiedete sich von den Frauen und Adara und gemeinsam verließen sie langsam den Raum und kamen in den nächsten. Auf den Weg zum Buffet begegneten sie diversen Khasurnangehörigen des Tai-Khasurns und fast jedem stellte Merida Charrut vor. So brauchten sie doch annähernd eine viertel Tonta bis sie das Buffet erreicht hatten.

Merida betrachtete das Geschenk zum wiederholten Male, bis sie Charrut fragte: „Was habt Ihr mir als Geschenk mitgebracht, Charrut?“

„Wenn Ihr es nicht öffnet, werdet Ihr es nie erfahren“ sagte Charrut lächelnd und bediente sich vom Buffet, während Merida anfing, das Geschenk auszupacken.

 Nach einigen Augenblicken hatte sie das Geschenk entpackt und hielt eine kleine, reich verzierte Schatulle in ihren Händen. Sie drehte die Schatulle mehrmals in ihren Händen, bis sie den Öffnungsmechanismus gefunden hatte. Währenddessen beobachtete Charrut Merida aus den Augenwinkeln: sie hatte nichts von ihrem Flair verloren, eher das Gegenteil. Nachdem Merida die Schatulle geöffnet hatte, fand sie im Innern ein Flakon und eine handschriftliche Notiz: ‚Für Euch, Merida: Nie mehr Na’tha-meh-Rennen!‘. Merida musste lachen und sagte leise zu Charrut: „Ich danke Euch, Charrut. Das ist das einzige wirklich interessante Geschenk, was ich erhalten habe. Vielen Dank!“

Charrut verneigte sich leicht vor Merida. Ihm fiel ein Stein vom Herzen. Er hatte die ganze Zeit befürchtet, dass die Wahl seines Geschenks unpassend erscheinen könnte.