Ultral holte tief Luft. „Du erwartest von mir eine signifikante Erhöhung der Erzlieferungen zu einem deutlich unter Marktwert üblichen Preis und dann willst du dafür, das durch die Hochzeit mein Sohn in einen höheren Adelsrang aufgenommen wird, den üblichen ‚Geschäftspreis‘ haben?“ sagte Ultral und schüttelte den Kopf. „Wenn, dann höchstens 9,5%!“

Onuk winkte ab. „9,5% sind viel zu wenig. 9,8%“

Ultral schüttelte den Kopf und sagte: „Allerhöchstens 9,6%“

„9,7%“ erwiderte Onuk bestimmt.

„Einigen wir uns auf 9,65%“ sagte Ultral. Er hätte sogar die 10% des Khasurnsvermögen akzeptiert, denn so ein Angebot bekommt man nicht alle Pragos geboten. Aber so schnell wollte er nicht den Preis akzeptieren, schließlich war er auch dem Khasurnrat verpflichtet und außerdem hätte ein zu schnelles nachgeben seine Verhandlungsposition geschwächt. Andererseits musste Onuk unter Zugzwang stehen, sonst wäre er nicht auf ihn zugegangen.

„Also gut, einverstanden“ gab sich Onuk geschlagen und setzte ein säuerliches Gesicht auf.

„Wie hast du dir die weitere Vorgehensweise gedacht?“ fragte Ultral und klatschte dabei einmal mit den Händen. Gleich darauf erschien ein Diener. Ultral sagte ihm, das er Skelsh bringen sollte.

„Nun, ich muss noch mit unserem Khasurnrat sprechen und setze dann den entsprechenden Vertrag auf. Das entsprechende Formular für das Imperiale Amt für Adelsfragen auf Mehan’Ranton werde ich auch vorbereiten.“

Der Diener kam zurück und stellte jedem ein gefülltes Glas Skelsh hin.

Beide Khasurnführer prosteten sich zu und besiegelten so ihren Vertrag.

„Jetzt haben wir zwar den Vertrag besiegelt, aber ich weis gar nicht, wie deine Tochter aussieht, welche Vorlieben sie hat usw.“ sagte Ultral. „Ich muss schließlich Charrut die Ehe schmackhaft machen“.

„Warte“ sagte Onuk, griff in einer der verborgenen Taschen seines Anzugs und holte einen Holowürfel hervor und hielt ihn Ultral hin.

„Ich habe von Merida einige Bilder, Videosequenzen und Informationen zusammengestellt.“

Ultral nahm den Holowürfel und ging flüchtig die Informationen und Bilder durch.

„Sie ist hübsch. Ich denke, sie wird Charrut gefallen“ erwiderte Ultral. „Ich kenne seinen Geschmack, was Frauen betrifft“ und dachte dabei an die unzähligen amourösen Abenteuer seines Sohnes in der Vergangenheit.

„Um so besser“ sagte Onuk. „Ich werde jetzt wieder aufbrechen. In einigen Pragos melde ich mich, wenn die Unterlagen vorbereitet sind zur Unterzeichnung und dann wäre es nicht schlecht, wenn du nach Ariga kommen würdest. Außerdem könntest du dir Merida einmal selbst ansehen!“

„Einverstanden!“ erwiderte Ultral.

„Und die Erzlieferungen?“ fragte Onuk, dem die Vertragspartner im Nacken saßen, wenn er nicht zum vereinbarten Zeitpunkt die ausgehandelten Tonnagen liefern konnte.

Ultral sah Onuk mit einem verschmitzten Gesicht an und erwiderte: „Ich werde noch heute dafür sorgen, dass du die benötigten Mengen in den nächsten Pragos erhältst. Zu den von dir gewünschten Preis!“

„Sehr gut!“ erwiderte Onuk in einem Tonfall, dem man die Erleichterung anhörte.

Gemeinsam standen sie auf und gingen langsam wieder in Richtung Transmitterstation. Keine zehn Palbertontas später war Onuk wieder auf seiner Jacht und ließ Kurs auf Ariga setzen.

Als kurze Zeit später Ultral in seinem Wohnbereich eintrat und sich auf seine Couch setzte, spürte er eine unendliche Erleichterung in sich. Er hätte nie gedacht, das sich das Schicksal des ‚del Harkon‘ Khasurns zu seinen Lebzeiten so radikal positiv verändern würde wie es derzeit aussah: mit Charrut endlich wieder ein Harkonii auf einer Militärakademie, er selbst würde diesen Tai-Vothani seine geliebte Onythia heiraten und für Charrut hatte er jetzt auch eine Frau gefunden. Und für beide würde es noch dazu ein gesellschaftlicher Aufstieg bedeuten. ‚Ich danke euch, She‘Huhanii!‘ bedankte er sich in Gedanken.

Aber noch war es nicht soweit, noch viel zu früh, um zu feiern. Jetzt würde noch das schwerste kommen: Charrut die Hochzeit ‚schmackhaft‘ zu machen, ihn davon zu überzeugen. Mit Sicherheit würde sein Sohn noch an seiner Verati hängen, die er erst vor kurzem bei einem Unglück verloren hatte. Und er musste noch mit dem Khasurnrat reden. Aber das sollte kein Problem darstellen, denn alle Khasurns der Harkonii würden davon profitieren…

* * *

einige Pragos später im Kasurn de Ariga

Merida sah ihren Karan und ihre Fama mit einem älteren Arki von der Transmitterstation kommend in den Empfangsbereich des Khasurns gehen. Sie war neugierig, wer der unbekannte Gast sein konnte. Sie wollte ihnen nachgehen, aber die Diener schlossen hinter ihren Eltern und dem Gast die Türen. Sie ging hinüber in den Aufenthaltsraum und fand dort ihre Schwester Utaiy lesend vor.

„Weißt du, wer unser Besucher ist?“ fragte sie.

„Nein, weiß ich nicht. Ich habe nur mitbekommen, das es ein Khasurnoberhaupt sein soll!“ erwiderte Utaiy und widmete sich wieder ihrer Lektüre.

Merida verzog das Gesicht. ‚Verdammt, auch von ihr erfahre ich nichts‘ dachte Merida und setzte sich. Über ihren Armbandkommunikator rief sie nach ihrer persönlichen Dienerin Namemi und als diese in den Aufenthaltsraum eintrat, befahl sie mit herablassender Stimme: „Bringe mir ein Glas Skelsh. Und verschütte nicht wieder die Hälfte wie gestern!“.

„Aber, Herrin, das war nur ein Tropfen, der am Glasrand heruntergelaufen ist“ erklärte die Dienerin mit versteinertem Gesicht.

„Genug! Tu, was ich dir befohlen habe“ erwiderte Merida und schickte ihre Dienerin mit einer herrischen Handbewegung fort.

Nachdem die Dienerin kurz den Raum verlassen hatte, sagte Utaiy zu ihr: „Warum behandelst du andere so? Sie hat dir nichts getan, sie macht nur ihre Arbeit“

Merida blickte Utaiy zuerst überrascht an, bevor sie ungehalten antwortete: „Sie ist nur eine Essoya! Die Essoya dienen uns, wie es die She’Huhanii vorgesehen haben“

Utaiy schüttelte den Kopf vor so viel Dünkelhaftigkeit und nahm das Lesen wieder auf.

Zwei Tontas später. Utaiy war genervt von der ewigen Fragerei Meridas, ob dieses oder jenes Kleid ihr stehen würde, die sie von ihrer KSOL projizieren ließ. Sie wollte schon aufstehen und in ihren Wohnbereich gehen, um in Ruhe weiter lesen zu können, als ihre Eltern mit dem unbekannten Gast erschienen.

Onuk sagte zu Ultral: „Das sind unsere beiden Töchter, Utaiy und Merida. Mein Sohn Arano ist gerade unterwegs.“

Und an seine Töchter gewandt sagte er: „Das ist Khasurnführer Ultral I. del’moas Harkon.“

Utaiy und Merida standen auf. Zuerst begrüsste die ältere Schwester Utaiy den Gast, anschließend Merida. Bei Merida nahm sich Ultral Zeit, sie sich genauer anzusehen. ‚Man müsste nochmals jung sein‘ dachte er sich. Merida sah hübscher aus, als es die Holos vermuten ließen, die ihm Onuk gezeigt hatte: Ihr aristokratischer Gesichtsausdruck, gepaart mit einer auf der rechten Gesichtshälfte senkrecht von der Stirn bis zum Kinn über ihr Auge gehende Tätowierung ließen sicherlich die Herzen diverser Khasurnsöhne schneller schlagen, verliehen sie ihr doch einen gewissen geheimnisvollen Hauch von Unnahbarkeit. Und ihre langen Haare unterstrichen ihre Weiblichkeit. ‚Wenn das nicht Charruts Geschmack ist‘ ging es Ultral durch den Kopf. Aber er vergaß auch nicht die Worte von Onuk, das Merida von Zeit zu Zeit ein hochtrabendes, affektiertes Verhalten zeigte. Und außerdem hatte sie es immer wieder geschafft, den Khasurn bei diversen Feierlichkeiten zu blamieren und bloßzustellen. ‚Dem muß auf Harkon ein Riegel vorgeschoben werden‘ nahm sich Ultral vor.

Merida de Ariga

„Sie sind wegen Geschäfte bei uns?“ fragte Merida.

„Merida!“ sagte ihre Fama in strengem Ton, da es ungehörig war, solche Fragen an einen Gast zu stellen.

„Schon gut“ sagte Ultral. „Ja, ich bin gekommen, um Geschäfte abzuschließen“. Dabei zuckten seine Mundwinkel etwas, da er sich ein Lächeln verkneifen musste.

„Wir haben ein, denke ich, für beide Seiten erfolgreiches Geschäft abgeschlossen.“

Und an Onuk gewandt sagte er: „Du leitest die Unterlagen weiter?“

Onuk nickte und erwiderte: „Selbstverständlich. Noch heute!“

„Meine Damen, ich darf mich empfehlen“ sagte Ultral, verneigte sich leicht und ging dann mit Onuk und Adara wieder aus dem Aufenthaltsraum in Richtung Transmitterstation.

* * *