Wenige Palbertontas später erhielt er wieder eine Textnachricht: „Alle vorhandenen Informationen. Von der Auftragsannahme bis zur Durchführung des Auftrages. Einschließlich aller verfügbaren Hintergrundinformationen“.

Während Charrut das las, verschlug es ihm die Stimme. Es war ein geplanter Absturz gewesen! Seine geliebte Neentin war Opfer eines eiskalten Mordplans gewesen. Wut und Zorn stiegen in ihm auf, seine Augen fingen an, stark zu tränen. Mit einem Aufschrei entlud sich seine aufgestauchte Wut, suchte sich ein Ventil und blindlings griff er sich den Kristallstein, ein Andenken von Harkon, der auf dem Nachttisch stand und warf ihn mit voller Wucht von sich. Unbeabsichtigt prallte der Kristallstein gegen das Terminal der Akademie-Positronik und zerplatzte in viele kleine Stücke.

Er brauchte einige Palbertontas, bis er sich soweit beruhigt hatte, dass er wieder klar denken konnte.

Die Person wartete auf eine Antwort. Natürlich wollte er alle Informationen haben. Die Frage, die sich ihm stellte, war aber: wer war die Person und warum wandte sie sich an ihn?

Er griff nach seinem Armbandkommunikator und tippte mit unterdrückter Wut seine Antwort ein: „Wer sind Sie und was verlangen Sie!“

Es dauerte fast eine halbe Tonta, bis er eine Antwort erhielt.

„Wer ich bin, spielt keine Rolle! Wollen Sie nun die Informationen oder nicht? Dafür erwarte ich folgendes: einen sicheren Zufluchtsort, keine Gewaltausübung gegen mich. Dafür erhalten Sie alle Information auf einem Speicherkristall.“

Charrut fuhr sich mit der rechten Hand über den Kopf durch sein schulterlanges Haar. Wenn er die Textinformation richtig verstand, dann war die Person, die Kontakt mit ihm aufgenommen hatte, selbst auf der Flucht und stand unter Zeitdruck. Was die Informationen auf dem angebotenen Speicherkristall anging, da stimmte irgendetwas nicht! Solche Informationen konnte man nicht einfach abrufen wie ein Koch-Rezept oder irgendwelche Nachrichten. Diese Art der Informationen stand eigentlich nur wenigen Personen zur Verfügung. Er schätzte, dass es nicht mehr als eine Handvoll waren. Das engte den Kreis der Verdächtigen erheblich ein. Und er hatte eine Vermutung, wer die Person war, nur eben leider keinen Beweis. Aber den konnte er sich beschaffen. Dazu musste er nur der Person von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehen. Was den sicheren Zufluchtsort anging, musste er sich noch Gedanken machen. Er brauchte etwas Zeit, über alles nachzudenken. Die Person würde erheblich unter Zeitdruck geraten, wenn er sich Zeit ließ, da war er sich ganz sicher.

Mit verbissenem Gesicht tippte er seine Antwort in den Armbandkommunikator: „Ich muss es erst organisieren. Kontaktieren Sie mich wieder in 17 Tontas!“

Anschließend legte er sich wieder auf sein Bett. An Schlafen war überhaupt nicht mehr zu denken, zu viele Gedanken eilten durch seinen Kopf. Einige Zeit später hatte er einen Entschluss gefasst. Er musste mit Tranthar sprechen…

* * *

Wenige Augenblicke später hatte er sich angezogen und stand kurz darauf vor dem Zimmer von Tranthar. Er musste einige Male klopfen, bis ihm die Tür geöffnet wurde.

Ein völlig verschlafener Tranthar stand in der Tür und sah ihn mit einem übermüdeten und zugleich überraschten Blick an.

„Charrut!“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. Müde sagte Tranthar. „Ist etwas?“

„Ich muss mit dir reden!“ entgegnete Charrut.

„Jetzt? Weißt du, wie spät es ist?“ erwiderte Tranthar schlaftrunken. „Kann das nicht warten?“

Während Tranthar gähnen musste und er sich sein wirres rotes Haar mit einer Hand nach hinten strich, schüttelte Charrut bestimmt den Kopf und erwiderte: „Nein, es duldet keinen Aufschub!“. Damit drängte sich Charrut ins Zimmer von Tranthar.

Tranthar war viel zu müde, um Widerstand zu zeigen. Während sich Charrut an ihm vorbeizwängte und in seinem Zimmer in einem Sessel Platz nahm, sah ihn Tranthar nur müde hinterher und sagte dann zynisch: „Komm doch herein und nimm Platz.“

Tranthar ließ sich in einem anderen Sessel fallen und sah Charrut fragend an. Wie Tranthar nicht anders erwartet hatte, kam Charrut gleich zur Sache.

„Ich benötige deine Hilfe. Und die deiner Sippe!“

Tranthar war überrascht. Das erste Mal, das Charrut von ihm Hilfe erbat. Und nicht nur von ihm, sondern auch gleich noch von seiner Sippe!

„Da bin ich aber gespannt. Erzähle!“

Und Charrut fing an, von dem Kontakt, seiner Vermutung und seiner Idee zu erzählen…

* * *

‚17 Tontas‘ sollte sie warten! Musste sie warten. Mit verbissenem Gesicht hatte sie die letzte Textnachricht von diesem Charrut del Harkon zur Kenntnis genommen. Sie konnte sich vorstellen, dass einige Vorbereitung seinerseits zu treffen waren, aber trotzdem: 17 Tontas waren für sie eine kleine Ewigkeit.

In der Zwischenzeit hatte sie ihr schwerverdientes Vermögen, das auf vielen Konten verteilt war, auf einen Speicherkristall transferiert. Außerdem war der Stützpunkt zur Sprengung vorbereitet worden.

Jetzt saß sie in der Zentrale ihres Schiffes und die Triebwerke liefen bereits warm. Sie warf einen letzten Blick auf ihren Stützpunkt und den angrenzenden Urwald. Etwas Wehmut erfüllte sie. Diese einsame Welt war eine neue Heimat für sie geworden. Nach jedem Auftrag kam sie hierher zurück und erholte sich, tankte neue Energie. Und jetzt musste sie endgültig Abschied nehmen.

„Positronik, starte das Schiff und nehme eine Parkposition in 5000 Quars Höhe ein“, befahl sie der Schiffspositronik.

Ti’Ghen, Zdhopanda, bestätigte die Schiffspositronik und aus dem nur unterschwellig hörbaren Grummeln wurde ein hörbares Rauschen, als die Triebwerke hochgefahren wurden. Auf den Monitoren in der Zentrale sah sie, wie der Planet immer kleiner wurde, als sich das Schiff von der Planetenoberfläche entfernte. Keine Palbertonta später änderte sich das Triebwerksgeräusch und die Positronik meldete, dass sich das Schiff genau 5000 Quars über dem Stützpunkt befand.

Leidenschaftslos drückte sie den Sensor für die Sprengung und auf den Monitoren beobachtete sie, dass sich eine Explosion keine zwei Dran von ihrem Stützpunkt ereignete: das Schiff des auf sie angesetzten Auftragsmörders. Nachdem sie erfahren hatte, dass sie 17 Tontas warten musste, hatte sie Spionsonden ausgesandt, die das Schiff suchen sollten, mit dem der Attentäter zum Planeten gekommen war. Danach hatte sie befohlen, am Schiffskörper Sprengsätze anzubringen. Und diese hatte sie gerade gezündet.

„Positronik, zünde jetzt die Sprengsätze im Stützpunkt“, befahl sie. Sie konnte es nicht selbst durchführen, dafür hingen zu viele Erinnerungen an diesem Stützpunkt.

Thi’Gen, Zhdopanda„, kam die Bestätigung und nur wenige Augenblicke später sah sie eine gewaltige Explosion, dort, wo eben noch ihr Stützpunkt gewesen war.

Seufzend sah sie zu, wie die Explosionswolke immer größer wurde und kurze Zeit später in sich zusammenfiel.

Innerlich gab sie sich einen Ruck. Sie war professionell genug, um sich auf neue Gegebenheiten schnell einzustellen.

Sie warf einen Blick auf ihre Vot. Sie musste noch viele Tontas warten, bis die vereinbarte Zeit vorbei sein würde. Sie entschloss sich, sich hinzulegen und auszuruhen, ihr Körper musste sich erst noch von den Verletzungen und der Operation erholen. Sie stand auf und verließ die Zentrale in Richtung ihres Wohnbereichs.

Pünktlich zur vereinbarten Zeit erschien sie wieder in der Zentrale und nahm wieder Platz im Kommandosessel.

„Positronik, sende folgende Nachricht in Textform an den Armbandkommunikator von Charrut del Harkon: Ich erwarte Ihre Antwort!

„Nachricht in Textform wurde gesendet!“ bestätigte die Positronik.

„Positronik, setze den Kurs in Richtung Thantur-Lok, Geschwindigkeit bei 5% der Lichtgeschwindigkeit!

Thi’Gen, Zhdopanda„, kam die Bestätigung, während sich das Schiff in Bewegung setzte.

* * *