Drei Zehnteltontas später hatten sich die Schiffe soweit genähert, daß sie in Schussreichweite waren. Die Energiestrahlen der Impulskanonen trafen, konzentriert auf einem Punkt, in den Schutzschirm des gegnerischen Schiffes. Salven auf Salven schlugen die Energiestrahlen drüben ein. Der Schutzschirm des Gegners leuchtete immer stärker, ein Anzeichen dafür, dass die auftreffenden Energien den Schirm immer stärker beanspruchten. Kurze Zeit später schoss der Gegner zurück und obwohl die Schutzschirm-Generatoren keine Probleme hatten, die Treffer abzufangen, liefen Erschütterungen durch das Schiff und die Energiemeiler heulten auf, da sie plötzlich erheblich mehr Energie zur Verfügung stellen mussten.

  Einigemale wurde die ETEHA, Charruts Schiff, so heftig getroffen, dass die Andruckneutralisatoren kurzfristig aussetzen und einige Gravos durchkamen und die Besatzung in ihre Sessel presste. Die Zentralbeleuchtung flackerte heftig, aber die Schutzschirme hielten. Dreimal musste ihr Schiff solche Treffer einstecken, bis der Schutzschirm des Gegners mit einem hellen Aufflackern zusammenbrach. Der Gegner stellte das Feuer ein, floh aber weiter.

  „Schiessen Sie es manövrierunfähig und stellen Sie ein Enterkommando zusammen!“ befahl Charrut dem Dor’athor. Der Waffenoffizier bestätigte den Befehl Cinur ter’moas Dinun und schoss dann auf das Schiff.

  Kurze Zeit später erfasste die Ortung kleinere Explosionen im flüchtenden Kreuzer, die sich im Bereich der Ringwulsttriebwerke ereigneten. Das gegnerische Schiff verlor an Fahrt und fing an, im Raum zu trudeln, es gab keine Gegenwehr mehr. „Rangehen und Enterkommando übersetzen. Ich gehe mit!“ befahl Charrut und stand auf, um sich den schweren Kampfanzug anzuziehen. In der Zwischenzeit kam ein verstümmelter Funkspruch vom gegnerischen Schiff herein. Der 2. Offizier teilte mit, dass sie sich ergaben und der Kommandant als auch der 1. Offizier durch Verletzungen bewusstlos waren.

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  Als sie im Hangar des gegnerischen Schiffes aus dem Beiboot stiegen, sah man die Folgen der Explosionen: Aufgerissene Arkonitwände, hochgewölbte Böden, zerstörte Leitungen, aus den Verankerungen gerissene Maschinen, und überall verletzte Besatzungsmitglieder. Charrut wandte sich an den ihm nächst stehenden Orbtan: „Verhindern Sie das Entweichen der Atmosphäre, fordern Sie Mediker und Medorobots an.“ Zu den anderen gewandt rief er: „Vorwärts, zur Zentrale!“. Er ging voran. Auf dem Weg zur Zentrale stießen sie immer wieder auf Verletzte und Bilder der Zerstörung. ‚Scheinbar eine Kettenreaktion‘ dachte sich Charrut. Wie zur Bestätigung seiner Vermutung ereignete sich weiter entfernt eine Explosion, die den Boden unter ihnen erbeben ließ. Das Kreischen überbeanspruchten Materials hallte durch die Gänge. Durch den zentralen Antigravschacht konnten Sie nur mit den Rückentornistern fliegen, da das Antigrav-Feld ausgefallen war.

  Als sie die Zentrale erreichten, stürmten seine Arbtans hinein und gingen in Angriffsstellung. Als Charrut in die Zentrale kam, sah er mit einem Blick, dass von hier keine Gefahr mehr drohte. Zwar war die Zentrale am besten geschützt, aber viele Instrumente waren ausgefallen. An einigen Konsolen züngelten kleinere Flammen und verbreiteten ätzenden Gestank nach Isoliermaterial. Im Bereich des Kommandanten und des 1. Offiziers war ein Teil der Deckenbeleuchtung wohl durch die Erschütterung der Explosionen heruntergefallen und musste dabei beide verletzt haben. Sie hingen noch angeschnallt bewusstlos in ihren Kontursesseln. Ein Orbtan kam ihm hustend entgegen. Als sie aufeinander trafen, sah Charrut, dass es der 2. Offizier war. „Ich bin Charrut del’moas Harkon. Sie sind ab sofort arrettiert. Das Schiff steht unter meinem Kommando.“ Zu seinen Arbtans gewandt sagte er: „Alle entwaffnen, verhaften und Verletzungen behandeln lassen. Vier Mann zu mir“. Sofort kamen vier Arbtans auf ihn zu. Er deutete auf den Kommandanten und seinen 1. Offizier und sagte: „Entwaffnen, Handschellen anlegen und es soll ein Mediker mit einem Medorobot kommen. Schaffen Sie sie zu einem nahegelegenen Besprechungsraum zum Verhör.“

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  Charrut wartete ungeduldig darauf, das der Mediker ihm bescheid geben würde, dass die Gefangenen bereit wären für das Verhör, aber er wurde enttäuscht. Der Mediker kam nach einigen Zehnteltontas zu ihm und sagte: „Die Gefangenen sind schwerer verletzt als ursprünglich angenommen. Ein Verhör kann derzeit unmöglich stattfinden; sie müssen dringenst operiert werden.“

„Das ist mir egal, ich brauche von ihnen JETZT die Informationen!“

  „Wollen Sie wirklich für den Tod der beiden Offiziere verantwortlich sein?“ fragte der Mediker zurück. „Ich werde jede Maßnahmen, die das Leben der beiden gefährden, ablehnen“.

  Charrut rang mit sich. Nach einigen Augenblicken sagte er dann: „Also gut. Operieren Sie die Gefangenen“.

  Der Mediker nickte Charrut zu und wollte bereits gehen, als er sich nochmals umdrehte, in seine Anzugstasche griff und einen Kristallspeicher hervorholte. Er reichte ihn Charrut und sagte: „Diesen Kristallspeicher haben wir beim kommandierenden Offizier gefunden!“ Charrut nahm ihn, nickte den Mediker zu und ging zu einem Ksol-Terminal.

  Er plazierte den Kristallspeicher in dem dafür vorgesehenen Lesegerät und aktivierte die Kristallspeicherabfrage. Wie er erwartet hatte, war der Zugang zu den Informationen gesichert. Aber seine Leidenschaft für Ksols und sein Wissen darüber konnte er nun hilfreich anwenden. Nach einigen Zehnteltontas hatte er den mehrfach gesicherten Zugang überwunden und konnte die Informationen auslesen. Danach war der Verc’athor dieses Schiffes vom Tato ‚überredet‘ worden, ihn bei seinem Umsturz innerhalb des Khasurns zu unterstützen; als Gegenleistung sollte er Pal’athor und durch eine ‚Vernunftehe‘ mit einer Tochter des Tatos in den Adel aufgenommen werden. Der Verc’athor hatte widerum seinen 1. Offizier gewinnen können.

 

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