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Charrut wurde wach, weil die Sonne ihm ins Gesicht schien. Er blinzelte und fragte sich, seit wann die Sonne in sein Zimmer schien. Er drehte den Kopf und stellte fest, das es gar nicht sein Zimmer war. Eine unbekannte Einrichtung, wohl von Frauenhand drapiert: Hier etwas ausgesprochen weibliches, dort etwas Schmuck, an den Wänden Bilder von Arkii, die er nicht kannte.

‚Wo bin ich?‘ fragte er sich. Er wollte wie immer aufstehen, doch da fing die Welt an sich zu drehen. Er stöhnte, weil ihn leichte Kopfschmerzen plagten. ‚Verdammt, hätte ich nur nicht auf dich gehört, Tranthar‘, dachte er sich und versuchte erneut aufzustehen. Nun ging es, wenn auch nur langsam und mühselig. Er saß am Bettrand, hielt sich den Kopf, die Kopfschmerzen wurden stärker. Ihm war Übel und irgendetwas brannte in seinen Adern. Verschwommen sah er auf dem Boden umherliegende Kleidungsstücke und bemerkte, dass er nur mit der dünnen Bettdecke bedeckt war, sonst nichts an hatte. Charrut stand auf, mit der einen Hand hielt er die Bettdecke fest, um sich zumindest ab der Hüfte abwärts bedeckt zu halten, mit der anderen Hand stützte er sich beim Gehen ab und folgte dem Gang, der aus dem Schlafraum führte. Die Kopfschmerzen wurden stärker, so dass er nur mit halbgeschlossenen Augen mehr herum stolperte als ging.

Als er in den Aufenthaltsraum trat, sah er sie. Sie saß auf einem Barhocker, hatte die Stiefel von seiner Ausgeh-Uniform an, trug sein Hemd, was nicht zugeknöpft war und sonst nichts. Sie lächelte ihn an, stand auf und ging auf ihn zu, stellte sich auf ihre Fußspitzen und küsste ihn. Dabei drückte sie sich ganz fest an ihn und er spürte ihre harten Nippel auf seiner Haut.

„Guten Morgen, Du Langschläfer. Wie fühlst Du Dich?“

„Wie von den She’Huhan ausgespuckt, ich habe grässliche Kopfschmerzen, die Welt dreht sich und mir ist Übel“ erwiderte er. „Hast Du etwas gegen die Kopfschmerzen und …“ brachte er gerade noch hervor, bevor er sich setzen musste. Sie lachte ihn an, verschwand kurz aus dem Aufenthaltsraum und kam mit einer Injektionspistole zurück. „Das wird helfen“ sagte sie, während sie ihm die Injektionspistole an der Halsschlagader ansetze und ihm das Medikament verabreichte.

Gleich darauf verspürte er, wie das Brennen in den Adern, die Übelkeit und Kopfschmerzen nachließen.

„Was ist eigentlich geschehen?“ fragte Charrut. „Was geschehen ist?“ fragte sie. „Nun, nachdem wir einiges über unsere Familien, Freunde und uns ausgetauscht haben, sind wir uns näher gekommen. Und nach Deinem dritten Racausa wolltest Du unbedingt mit zu mir. Erinnerst Du Dich nicht mehr?“ fragte sie zurück.

„Ich kann mich nur dunkel an das dritte Glas Racausa erinnern und daran, das die Mehandor untereinander anfingen zu wetten, wer als erstes aufgibt oder umfällt. An alles andere, was danach kam, habe ich keine Erinnerung mehr, tut mir leid“, antwortete Charrut.

„Aber meinen Namen kennst Du noch?“ überfiel sie Charrut.

„Ja, Onista!“. Überrascht zuckte Charrut innerlich kurz zurück, doch sein Magen knurrte plötzlich so laut, dass er nicht weiter darüber nachdachte, dass er sich ihren Namen merken konnte.

„Können wir frühstücken? Ich habe Hunger wie ein Cu’heno“ sagte Charrut.

„Das liegt am Racausa, eine typische Nebenwirkung.“ erwiderte sie lächelnd. „Ich werde Dir was zubereiten und die Hygienekabine ist rechts, neben dem Schlafzimmer!“

Charrut versuchte zu lächeln, stand auf und ging noch wackligen Schrittes zur Hygienekabine.

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Als er nach einigen Zehnteltontas wieder in den Aufenthaltsraum kam, duftete es nach frischem Gebäck und heißem Kerisu. Onista hatte sich in der Zwischenzeit auch angezogen und trug jetzt einen hautengen Freizeitanzug nach der neuesten Mode. Der Anzug unterstrich ihre Proportionen, dass ihm fast die Luft weg blieb und er unbewusst ein ‚Dala‘ aussprach. Onista stand mit dem Rücken zu ihm, goss Kerisu ein und drehte sich ihm lächelnd zu.

„Gefällt es Dir?“

„Gefallen? Mehr als das“, sagte Charrut, setzte sich, zog seine Stiefel über und sein Hemd an. Anschließend frühstückten sie zusammen.

Nach dem Frühstück fragte Onista: „Sehen wir uns wieder? Oder bleibt es bei einer flüchtigen Begegnung?“

„Darüber habe ich schon während des Frühstückes nachgedacht“, gestand Charrut.

„Und, zu welcher Entscheidung hast Du Dich durchgerungen?“ fragte Onista ihn, während sie ihn beim Trinken über den Tassenrand ansah.

Charrut lehnte sich in seinem Stuhl zurück, sah Onista direkt ins Gesicht, überlegte kurz und er widerte: „Gib mir etwas Zeit, Ich will nichts überstürzen. Außerdem waren vorgestern die Prüfungen der Ti’chor, ich weiß nicht, ob ich sie bestanden habe.“

Er machte eine kurze Pause und fuhr dann fort: „Ein Vorschlag: wir treffen uns morgen wieder, dann hatten wir beide etwas Zeit, darüber nachzudenken. Was hältst Du davon?“

Sie zögerte einen Augenblick, bevor sie mit einer enttäuscht klingenden Stimme antwortete: „Einverstanden. Morgen zur 16. Tonta? Bei mir hier?“

„Ja, gerne!“

„Möchtest Du noch etwas vom Kerisu?“ fragte sie.

„Nur etwas, ich muss gleich los“.

Nachdem er den Kerisu mit vorsichtigen Schlucken ausgetrunken hatte, stand er auf, kontrollierte, ob alle seine Sachen vorhanden waren (Akademie-Ausweis, Kredit-Chip etc.), die hellblaue Uniform richtig saß.“. Es ist soweit, ich muss mich auf der Akademie zurückmelden“, sagte er dann zu Onista.

Onista stand auf und beide gingen in Richtung Wohnungstür. Vor dem Öffnen der Türe nahm Charrut Onista in die Arme und sie küssten sich. Dann schritt er hinaus in Richtung Antigrav-Schacht…

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Charrut schwang sich auf Höhe der Rohrbahnstation aus den Antigrav-Schacht und schaltete seinen Armbandkommunikator ein. Nach einigen Augenblicken teilte ihm das Gerät mit, dass Kerasor bereits mehrere Male versucht hatte, ihn anzurufen; der letzte Anruf war zur fünften Tonta gewesen, also erst vor kurzem. ‚Was will denn Kerasor so früh?‘ fragte er sich. Kaum hatte er sich über Kerasors morgendliche Anrufe gewundert, rief dieser erneut an.

„Charrut? Verdammt! Ich habe versucht, dich den ganzen morgen über zu erreichen! Wir wollten doch noch einige Lerneinheiten gemeinsam durchgehen!“

„Tut mir leid, das habe ich komplett vergessen. Ich bin in Varynkor-Etset versumpft und war die Nacht über nicht in der Akademie.“

„Das gibt Ärger, Charrut. Wo steckst du?“

„Ich bin gerade auf dem Weg zur nächstgelegenen Rohrbahn, um zur Akademie zu kommen. Ich bin hier…“ er las die Beschreibung ab, die neben dem Antigrav-Schacht angebracht war, „12. Bezirk, bei der Garat-Station.“

„In Ordnung, dann bist du ja spätestens in einer halben Tonta hier. Was war eigentlich los?“

„Am besten, wir treffen uns in meinem Wohnraum, sagen wir in einer Tonta? Dann können wir darüber reden.“

„Na gut, Charrut, bis später in einer Tonta,“ sagte Kerasor und beendete die Verbindung.

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